Stand: 17. April 2020
Bereits in der Vorwoche haben wir informiert, dass der Bundesrat ein Nachfolgeregime für die auslaufenden Betreibungs- und Gerichtsferien diskutiert.
Die Verordnung, die der Bundesrat nunmehr am 16. April verabschiedet hat, enthält dieses Nachfolgeregime und umfasst zwei vorübergehende Regelungen: Eine befristete Entbindung von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige nach Art. 725 Abs. 2 OR sowie die Einführung einer befristeten sog. COVID-19-Stundung. Beide Massnahmen haben zum Ziel, diejenigen Unternehmen vor einem drohenden Konkurs zu schützen, die allein aufgrund der Coronakrise in Liquiditätsengpässe geraten.
Von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige sollen Unternehmen entbunden sein, die am 31. Dezember 2019 nicht bereits überschuldet waren und bei denen Aussicht besteht, dass die zwischenzeitliche Überschuldung bis am 31. Dezember 2020 behoben werden kann. Die Unternehmen bleiben jedoch verpflichtet, bei begründeter Besorgnis einer Überschuldung eine Zwischenbilanz zu Fortführungs- und zu Veräusserungswerten zu erstellen. Es entfällt nun aber die Pflicht, das Gericht zu benachrichtigen, wenn die Überschuldung nach dem 31. Dezember 2019 festgestellt wurde. Das gilt unabhängig davon, ob die Zwischenbilanz zu Fortführungswerten oder zu Veräusserungswerten eine Überschuldung zeigt. Auch für die Revisionsstelle entfällt mit dem OR-725-Moratorium die subsidiäre Anzeigepflicht. Hierfür hatte sich EXPERTsuisse in der öffentlichen Konsultation zur Verordnung eingesetzt.
Zusätzlich hat der Bundesrat für KMU, die wegen der Coronakrise in Liquiditätsengpässe geraten, neu eine befristete Stundung eingeführt, die sog. COVID-19-Stundung. Mit dieser Massnahme kann den KMU in einem raschen Verfahren eine vorübergehende Stundung von drei Monaten gewährt werden, ohne dass ein Sanierungsplan vorliegen muss. Die Stundung kann danach um weitere drei Monate verlängert werden. Zudem gelten – anders als bei der Nachlassstundung – zum Schutz der Gläubiger spezifische Einschränkungen: So werden namentlich Lohnforderungen und Alimentenansprüche nicht von der Stundung erfasst und sind weiterhin voraussetzungslos geschuldet.
Die Verordnungsbestimmungen treten am 20. April 2020 in Kraft und sind auf sechs Monate befristet.
EXPERTsuisse analysiert die Massnahmen der Verordnung und deren Auswirkungen auf die Revisionsstellen und die Abschlussprüfung unter anderem in der Kommission für Wirtschaftsprüfung sowie in der Rechtskommission und wird zu gegebener Zeit weitere Informationen zur Verfügung stellen.